Müllermeister Oertels Traum: Bockwitzer Holländermühle im neuen Gewand


Quelle: Abschrift des Artikels in der Super TV vom 05.03.1993 (?)
Müllermeister Oertels Traum: Bockwitzer Holländermühle im neuen Gewand


Hilf dir selbst, sagte sich Müller Eberhard Oertel aus Suxdorf im anhaltinischen Landkreis Zeitz, dann helfen dir vielleicht auch andere. Und entschlossen packte er zu, um seine am 31. August 1990 ausgebrannte Holländermühle wieder aufzubauen. Zugegeben, es war ein hartes Stück Arbeit, und überdies verschlang es auch ein kleines Vermögen, mehr als eine Viertelmillion Mark. Die Versicherungssumme und geringe Fördermittel, die Müller Oertel im Rahmen der Dorferneuerung erhalten hatte, reichten dazu bei weitem nicht aus. Der Denkmalschutz zeigte die kalte Schulter. Dem zweifach abgebrannten Müller blies der Wind kräftig ins Gesicht. Aber er schaffte sein Ziel bis zum Jahresende 1993.

Nun erstrahlt die Mühle wieder im neuen weißen Gewand am Horizont der Bockwitzer Höhe. Ein schöner Anblick für die Benutzer der B 180 von und nach Zeitz. Nur die großen Ventikanten-Drehheck-Flügel fehlen noch: Materialwert nochmals etwa 40000 Mark. Doch der Suxdorfer Müller selbst kann nichts mehr leisten, hofft auf Fördermittel, um sein Werk zu vollenden. "Wenn sie sich eines Tages wieder dreht", sagt er, "geht für mich ein Traum in Erfüllung". Die 1836 von Christian Wagenbreth erbaute Holländer-Windmühle ist seit mehr als 100 Jahren im Familienbesitz, heute in der 4. Generation. Urgroßvater Karl und Großvater Arthur Gneist waren ebenso wie Vater Kurt und Sohn Eberhard Oertel, Müller und Bäcker zugleich. Noch bis 1962 wurden mit einem Pferdegespann nicht nur Zeitzer Bäcker täglich mit Mehl beliefert, sondern auch viermal pro Woche frisch gebackenes Brot ausgefahren. 1947 wurde die Mühle aufgestockt, ein Ventikanten-Drehheck angebaut. Über eine Windrose drehte sich die Haube fortan selbsttätig in den Wind. Doch schon am 04.12.1954 warf ein heftiger Sturm die Haube der Mühle ab. Dem Suxdorfer Müller blieb nichts erspart. Nach dem Tod des Vaters übernahm Sohn Eberhard, der 1958 das Müllerhandwerk im väterlichen Betrieb erlernt hatte, die Holländermühle. Er schrotete für umliegende Gehöfte, bis der Brand seiner Tätigkeit im Sommer 1990 ein jähes Ende setzte.

Als Müller kann Eberhard Oertel heute nicht mehr arbeiten. Seine alte neue Holländermühle möchte er nun als Museum herrichten, als touristisches Ausflugsziel, malerisch gelegen - offen auch für festliche Anlässe kleinerer Gesellschaften, die gastronomisch betreut, in den verschiedenen Stockwerken der geräumigen Holländer-Mühle ganz individuell feiern können.

Die ersten Holländermühlen wurden im 16. Jahrhundert errichtet.
Gab es 1895 in ganz Deutschland noch etwa 16000, so waren 1939 nur noch 4700 davon übrig. Heute drehen sich in Sachsen noch etwa 12 intakte Windmühlen. Müller Oertel verdient Respekt für den schönen Gedanken, das einst auch im Zeitzer Land bodenständige Müllerhandwerk auf seine Weise künftigen Generationen in Erinnerung zu halten.

Harald Lange


Kontaktadresse:

Holländermüller Eberhard Oertel
Windmühlenweg 11
06712 Suxdorf, Landkreis Zeitz

Telefon: 034426/309