Ruhm der Köchin

Dieses Gedicht finde ich so wunderbar passend, dass ich es hier schreiben muß. Es stammt aus "Ratgeber fürs Hauswesen" Donauwörth 1892, nachzulesen ín "Koch und Backrezepte aus Großmutters Zeiten", Seite 448, erschienen im Gondrom Verlag, ISBN 3-8112-1311-3

Ruhm der Köchin

Jeder Lehrer sollte lehren,
jede Köchin zu verehren,
die da lebt in ihrer Pflicht.
Mancher Mensch, so groß und edel, 
vieles denkt in seinem Schädel, 
aber kochen kann er nicht. 

Oft im schlichten Handwerksstande
kennt man, ich gesteh´s zur Schande, 
nichts von Küchenpflicht.
Waschen, bügeln kann man prächtig, 
Strümpfe stricken, groß und schmächtig;
aber kochen kann man nicht.


Dort der Damen wundervollste, 
seht, der Mode Narrheit tollste, 
steht ihr reizend zu Gesicht. 
Schwebt an ihres Gatten Seite, 
wie ein Engel im Geleite; 
aber kochen kann sie nicht. 

Und das Mädchen dort, das Liebe, 
kennt des Herzens süße Triebe
und fast jegliches Gedicht. 
Liest den Schiller und den Goethe, 
morgens bis zur Abendröte; 
aber kochen kann sie nicht. 

Seht, so lebt die Köchin weiter, 
und das Leben stimmt sie heiter, 
klärt und rundet ihr Gesicht.
Und so bleibt sie hochverehrlich
und auf ewig unentbehrlich, 
und - verhungern kann sie nicht!