Buchbesprechung: Destillatio - Das Buch vom traditionellen Destillieren

Ganz zum Anfang steht ein Zitat von Hieronymus Brunschwig, 1512:

Destillieren ist nichts anderes,
als das Subtile vom Groben
und das Grobe vom Subtilen
zu scheiden,
das Zerbrechliche oder
Zerstörbare unzerstörbar,
das Materielle unmateriell,
das Leiblich geistlich
und das Unschöne schöner zu machen.

Und genau darum geht es, etwas zu schaffen, etwas Neues zu wagen, andere Wege zu gehen, dabei verantwortungsbewusst handeln. Nur weil einer Destillieren will, heißt das ja noch lange nicht, dass man sich betrinken oder gar Handel mit den Geistern treiben will, die ohnehin zum Genuss bestimmt sind, nicht um sich in andere Welten zu schwemmen. Der Kenner und Genießer wird überdies kein Säufer sein, unter Generalverdacht gestellt gehört man sowieso nicht. Also wirklich, manchmal verzweifelt man an der deutschen Gesetzgebung, dabei könnte alles so schön sein: So ein Wald- und Wiesenweib wie ich will ja nicht nur von den geliebten Kräutlein Tee und Wickel machen, denn da hört es ja nicht auf, Salben müssen her und Öle. Ja und dann natürlich Gels und Creme, Shampoo und Wässerchen. Irgendwann landet man beim Hydrolat und bekommt runde große Augen, staut bei den Preisen. So kommt man wieder da, wo man angefangen hat, fragt sich warum macht man es nicht selbst? Nun sucht man nach Informationen, wie und was. Ein hervorragendes Buch, das wirklich alle meine Fragen beantwortet hat ist "Destillatio - Destillen & Destillieren. Das Buch vom traditionellen Destillieren, Schnapsbrennen, ätherische Öle und mehr..." von Kai Möller.


Hier schreibt der Fachmann mit einer geradezu ansteckenden Begeisterung von den Anfängen des Destillierens, spinnt den Faden hin von alten Anlagen hin zu "modernen". Kai Möller erklärt fachkundig wie die Destillation funktioniert, was zu beachten ist, legt dar wo sich Fehler einschleichen, wie man sie vermeidet, einschließlich des sich unweigerlich einstellenden Katers nach doch zu reichlichem Genuss. Er verrät was für Alkoholsorten es gibt und wie sie hergestellt werden. Dies war mir schon mehrfach hilfreich, wenn in alten Rezepten die Rede von bestimmten Alkoholen zum Ansetzen von Tinkturen war. Nach über 120 Seiten geistreichen Wissens sind die Grundlagen kurzweilig zu lesen vermittelt, hier ist aber bei Weiten noch nicht Schluss. Jetzt kommt was alle naturheilkundlich Interessierten ansprechen wird: die Herstellung von ätherischen Ölen. Auch hier werden die unterschiedlichen Methoden anschaulich dargelegt, so dass man nun im Stande ist mit entsprechender Apparatur selbige zu Hause herzustellen. Bei den meisten Pflanzen wird die Ausbeute aber aufgrund der zulässigen Kesselgröße - in Deutschland liegt sie bei mickrigen 0,5 Litern - beschränkt und unnötig langweilig in die Länge gezogen. Wohl aber lässt sich mit den kleinen Destillen hochwertiges Hydrolat zur Einarbeitung in selbstgemachte Kosmetik fabrizieren. Man braucht ja nicht viel.

Dem Destillieren selber haftet immer noch heute der Hauch des Geheimnisvollen an, nur die Eingeweihten wissen wie es geht. Mysteriös und rätselhaft ist die Kunst des Destillierens, wie auch der vierte Teil des Buches eindrucksvoll beweist: Eine Einladung für werdende Alchemisten ist es, denn es folgt ein kleines Kapitel über die Suche nach der Quintessenz, dem Stein der Weisen, die Grundprinzipien der Alchemie und der Herstellung speyrischer Elixiere. So macht das Buch, dessen Hauptthema die Destillation ist, richtig Lust und Mut, auch dieses zu versuchen und vielleicht ein lohnendes Hobby für sich zu entdecken und damit meine ich nicht sich dem Alkohole hinzugeben, sondern etwas Besonderes zu kreieren, nach den eigenen Wünschen und Bedürfnissen, nicht zuletzt dem eigenen Geschmack. Das Handwerkszeug gibt es bei Destillatio selber, im traditionellen Kupfer, das Wissen dazu in diesem grandiosen Buch. Vielen Dank dafür.



Broschiert: 168 Seiten, Books on Demand GmbH;
ISBN-13: 978-3833410666
Größe und/oder Gewicht: 21,8 x 15,4 x 1,4 cm
Preis 16,90€